Die Anmeldung der Projekte für den neuen Bundesverkehrwegeplan ist abgeschlossen. Derzeit werden diese Listen konsolidiert und durchlaufen anschließend ein umfassendes Bewertungsverfahren.
Ist das der Grund dafür, warum man in letzter Zeit wieder verstärkt von Akteuren aus Politik und Wirtschaft und sogar Kultur (!) die Forderung nach einem Ausbau der B303 hört?
Noch mal richtig Gas geben im Endspurt, alles aufbieten was man nur aufbieten kann?
Irgendwie zu erreichen, dass der Ausbau der B303 in den neuen Bundesverkehrsplan aufgenommen wird?
Oder aber zumindest zu erreichen, dass auch ohne Bundesverkehrswegeplan ein Ausbau der B303 erfolgen kann und somit Millionen Euro Steuergelder in den Ausbau einer Straße gesteckt werden, auf der den Prognosen nach niemals auch nur annähernd so viele Fahrzeuge fahren werden wie die, für die sie bereits gebaut ist?
Sehen wir uns an, was wir sehen. Teil 2.
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Wir sehen zwei Artikel über den Plan des Staatlichen Bauamts Bayreuth, die B303 im Bereich zwischen dem Silberhaus und der A9 dreispurig auszubauen. Einer wurde im Nordbayerischen Kurier veröffentlicht, der andere in der Frankenpost.
Der Artikel im Nordbayerischen Kurier mit der Überschrift "Ein bißchen Autobahn" erscheint am 7.10.2014. Es geht um diesen rund 25 Kilometer langen Abschnitt, auf dem es laut Kurier keinen Überholstreifen in westlicher Richtung gibt.
Wir lesen:
"Fakt ist: Zwischen A 9 und Silberhaus gibt es immerhin zwei Überholspuren in östlicher Richtung, die vor nur rund 20 Jahren geschaffen wurden, als sich nach der Grenzöffnung der Verkehr auf der B 303 vervielfachte. Wer Richtung Westen unterwegs ist, muss seither an einer der wenigen Geraden beherzt überholen."
Dies solle sich ändern, als Alternative zum Neubau soll die B303 nun Überholstreifen in westlicher Richtung erhalten, das Straßenbauamt hätte sich im Rahmen von Vorerkundungen nach dem eventuellen Vorhandensein von Betonbunkern oder Kriegs- bzw. Rüstungsaltlasten erkundigt.
Im Artikel heißt es:
"Im Grunde sind die jetzigen Vorhaben Teil der letzten Reste von den Plänen für eine Fichtelgebirgsautobahn. Diese wurde angesichts des großen Widerstands in der Region immer mehr reduziert und schließlich begraben. Im Austausch für das beerdigte Großprojekt sollen Überholmöglichkeiten und Lärmschutz entlang der bestehenden Trasse verbessert werden. 'Das Staatliche Bauamt wurde deshalb im Mai 2013 beauftragt, für die B 303 zwischen der A 9 und westlich von Tröstau ein am Bestand orientiertes Ausbaukonzept für dreistreifige Streckenabschnitte zu erarbeiten.'"
Die Regierung von Oberfranken beleuchte nun, basierend auf dieser bereits im November 2013 abgeschlossenen Voruntersuchung, die grundsätzliche Machbarkeit des Ausbaus aus technischer und umweltfachlicher Sicht, die als "Grundlage für weitere Planungsschritte an der B 303 dienen" soll. Insgesamt hätten sich 8 geeignete Streckenabschnitte ergeben.
Im Artikel wird noch kurz auf die Projekte eingegangen, die Bayern für den neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat.
"im Streckenabschnitt 'A 9 - A 93" einen dreistreifigen Neubau im Bereich Tröstau-Sichersreuth und die vierstreifige Erweiterung zwischen der St2177 (Marktredwitz/West) und der A 93. Westlich von Tröstau bis zu A 9 (..) sieht die BVWP-Anmeldung keine weiteren Bedarfsplaungsmaßnahmen vor. " Die östlich von Tröstau zwischen der A93 und der Landesgrenze angemeldeten Projekte werden nicht erwähnt.
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Nun.
Wenn in dem Artikel steht, dass es zwischen der A9 und dem Silberhaus keinen Überholstreifen in Richtung Westen gibt, so ist dies schlicht und einfach falsch. Denn zwischen der Höhenklinik und Karches ist die B303 vierspurig ausgebaut.
Ein Ausbau, der seinerzeit aus der "Portokasse" und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen wurde, der in den bundesweiten Projektbeschreibungen nicht auftaucht und für diejenigen, die am Bundesverkehrswegeplan arbeiten, quasi unsichtbar ist -
Wenn es also in besagtem Abschnitt der B303 bereits einen Überholstreifen Richtung Westen gibt, und nicht nur zwei Überholstreifen Richtung Osten, sondern drei, und gleich nach dem Silberhaus ja bereits wieder ein bereits vierspuriges Stück folgt - wieso dann dieser Zeitungsartikel?
Beim vierspurigen Ausbau zwischen der Höhenklinik und Karches (für rund 5000 Kfz!) spielten die geringen Verkehrzahlen offensichtlich keine Rolle. An den Verkehrszahlen hat sich so gut wie nichts geändert. Ganz offensichtlich spielt das aber in den aktuellen Planungen des Straßenbauamts ebenfalls keine Rolle.
Am Beispiel der B169 bei Cottbus wird deutlich, dass man drei Spuren allenfalls bei einer Verkehrsstärke von 12000 - 17000 Kfz und hohem Schwerverkehraufkommen in Betracht zieht. Nur 17000 Fahrzeuge reichen "bei weitem nicht aus, einen vierstreifigen Ausbau wirtschaftlich zu rechtfertigen. Von einer umweltseitigen Rechtfertigung ganz zu schweigen. Der dreistreifige Ausbau ermöglicht ein wechselseitiges Überholen bei hohem Schwerverkehrsaufkommen."
Für die rund 5000 Kfz, die auf der B303 unterwegs sind, ist kein drei-, und schon gleich kein vierspuriger Ausbau erforderlich oder zu rechtfertigen.
Unternehmen wir eine imaginäre Fahrt von Osten aus. Nach dem vierspurig ausgebauten Stück vor dem Silberhaus fahren wir etwa 6 Kilometer auf einer zweispurigen Straße, bis zum rund 2 km langen vierspurigen Teilstück zur Höhenklinik, die restlichen rund 17 Kilometer zur A9 sind wieder zweispurig.
Manche Leute sagen: Durch bessere Überholmöglichkeiten spart man Zeit.
Nun.
Wenn man auf dem 6 Kilometer langen Teilstück mit 80 statt mit 100 fährt, ist man etwa 1 Minute später am Ziel.
Wenn man auf dem 17 Kilometer langen Teilstück mit 80 statt mit 100 fährt, ist man etwa 2,5 Minuten später am Ziel.
Die Zeitunterschiede dienen als Anhaltspunkt, man kann natürlich nicht durchgehend 80 bzw. mit dem Pkw durchgehend 100 fahren. Aber es stellt sich definitiv die Frage:
Wie viele Millionen Euro aus der "Portokasse" würde das Straßenbauamt Bayreuth respektive der Freistaat Bayern für eine Zeitersparnis von 3,5 Minuten in Ost-West-Richtung im Fichtelgebirge vergraben wollen?
Und was das Argument "Vermeidung von Unfällen" betrifft:
Es gibt laut Aussagen des Straßenbauamtes auf der B303 keine Unfallschwerpunkte, die man beseitigen müßte.
In dem Kurier-Artikel heißt es so nett: "Wer Richtung Westen unterwegs ist, muss seither an einer der wenigen Geraden beherzt überholen."
Niemand MUSS überholen, egal ob beherzt oder nicht, und schon gleich nicht im Versuch, für sich persönlich ein paar Minuten Zeit einzusparen. Überholt werden darf nur, wenn absehbar ist, dass jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Das steht so in der Straßenverkehrsordung. Und mehr noch: "Ist die Verkehrslage unklar, so ist das Überholen unzulässig (§ 5 Abs. 3 StVO)."
Der Bau eines dritten Fahrstreifens zum Überholen verhindert Unfälle nicht. Ganz im Gegenteil: Wie es im Frankenpostartikel beschrieben wird: Wo sich die beiden Streifen wieder zu einem verengen, "kommt es häufig zu kitzligen Situationen."
Der vierspurige Ausbau selbst mit Mittelleitplanke verhindert Unfälle ebenfalls nicht. Denn egal wie Straßen ausgebaut sind, es wird immer Leute geben, die zu schnell fahren, die nicht den Verhältnissen angepasst fahren, und die rücksichtslos überholen.
Die Überschrift des Frankenpostartikels vom 1.11.2014 lautet "Nadelöhr wird durchlässiger".
Wie der Artikel im Nordbayerischen Kurier ("Wer auf der Bundesstraße B 303 zwischen dem Silberhaus und der Autobahn 9 unterwegs ist, hat unter Umständen mehr als genug Zeit, die Aufschrift des vor ihm fahrenden Lastzugs auswendig zu lernen.") beginnt er damit, wie schwierig es ist, einen Lkw zu überholen: "Wer öfter die Bundesstraße 303 von Bad Berneck ins Hohe Fichtelgebirge fährt, dem ist diese Situation vertraut: Mehrere Personenwagen kriechen hinter einem Sattelzug den Berg hinauf.".
Wie im Artikel im Nordbayerischen Kurier ("Wer Richtung Westen unterwegs ist, muss seither an einer der wenigen Geraden beherzt überholen.") wird das Überholverhalten angesprochen. "Dann kommt die erste Überholmöglichkeit. Und schon wird es hektisch in der Autoschlange. Jeder will die zweite Bergaufspur nutzen, um den langsamen Laster hinter sich zu lassen."
Wie im Artikel des Nordbayerischen Kurier wird noch kurz auf die Projekte eingegangen, die Bayern für den neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat.
Und wie im Artikel des Nordbayerischen Kuriers wird - obwohl der Frankenpostartikel ausdrücklich und mit Fettdruck auch den "Abschnitt der B 303, der durch den LANDKREIS WUNSIEDEL führt, erwähnt - lesen wir kein Wort von den östlich von Tröstau bis zur Landesgrenze angemeldeten Projekten: Ein vierspuriger Ausbau zwischen der A93 und Schirnding, und ein vierspuriger Ausbau der Ortsumgehung Schirnding.
Eine Bildunterüberschrift lautet: "Zunächst zwei weitere dreispurige Abschnitte der B 303 sind im Tal des Weißen Maines geplant. Sie sollen dafür sorgen, dass der Verkehr besser rollt."
Dass der Verkehr besser rollt - ca. 5000 Fahrzeuge auf einer für 20.000 Fahrzeuge gebauten Straße sollen noch besser rollen?
Und - "zunächst zwei weitere dreispurige Abschnitte" - zunächst?
Ausbau in Salamitaktik?
Wer der Ansicht ist, dass der Verkehr auf der B303 unerträglich ist, sollte sich vielleicht einmal ansehen, was für Verkehr anderswo herrscht - vielleicht fährt er mal auf der B15 zwischen Hof und Rehau, wo rund dreimal mehr Fahrzeuge unterwegs sind. Oder sieht sich gar an, wie man um München herum beispielsweise vorankommt.