Im Vorfeld der Landratswahl am 2.03.2008 war Frau Bundestagsabgeordnete Petra Ernstbergers Position, schwarz auf weiß: "Mit mir als Landrätin wird es keine neue Trasse durch das Fichtelgebirge geben." Slogan: "Umwelt schützen, Zukunftsregion weiterentwickeln, Augenmaß bewahren. Ohne eine Fichtelgebirgsautobahn". Auf den ganz großen Wahlplakaten: "Zukunft gestalten ohne Fichtelgebirgsautobahn". Und ihr Versprechen: "Ich trete für einen moderaten und schonenden Ausbau der bestehenden B303 ein."
Nun hatte Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger allerdings wenige Jahre vorher und, wie man sagt, "als Erste" die Marktleuthener Erklärung unterschrieben, zusammen mit Bundestagsabgeordnetem Dr. Hans-Peter Friedrich, den Landtagsabgeordneten Willi Müller, Albrecht Schläger und einer handvoll weiterer Landtagsabgeordneter, Landräte und Bürgermeister der Region. In dieser Marktleuthener Erklärung wurde explizit der Bau einer vierspurigen Ost-West-Verbindung gefordert, die Planer wurden dazu aufgerufen, "schnellstmöglich eine zukunftsfähige Trasse zu finden, die dann bald realisiert werden muß." Bevorzugt vorgeschlagen wurde ein Waldsteintunnel, alternativ eine Trasse an Röslau und Weißenstadt vorbei.
Aber Zeiten ändern sich. Dinge entwickeln sich anders als befürchtet, (beispielsweise die Verkehrszahlen), neue Fakten werden bekannt - Leute ändern demzufolge ihre Meinung. Bundestagsabgeordnete ändern demzufolge ihre Meinung. Und das ist gut so und muß so sein denn: "Wer seine Meinung nie zurückzieht, liebt sich selbst mehr als die Wahrheit" - Joseph Joubert.
Am 19.05.2010 stellten Wilhelm Wenning, Regierungspräsident der Regierung von Oberfranken, und der Leiter des Staatlichen Bauamtes Bayreuth, Kurt Schnabel, in der Regierung von Oberfranken den aktuellen Planungsstand zur B303 neu von der A9 über die A93 nach Schirnding vor.
Es ging konkret um die Machbarkeitsstudie sowie um eine ergänzende Verkehrsuntersuchung, erstellt vom Staatlichen Bauamt Bayreuth auf der Grundlage der im Januar 2009 vorgestellten Teilergebnisse der Umweltverträglichkeitsstudie für die B303 neu.
(Innenminister Joachim Herrmann hatte bei einer Pressekonferenz am 30.01.2009 in der Regierung von Oberfranken gesagt, dass "der im Weiteren Bedarf enthaltene zweibahnige Bau der B 303 neu zwischen der A 93 und der A 9 in dieser Form aktuell nicht weiterverfolgt werden soll.
Stattdessen soll die bestehende B 303 schnellstmöglich, nach lokalem Bedarf abschnittsweise, leistungsgerecht, aber mit einem gegenüber dem Bedarfsplan reduzierten Querschnitt, anwohnerfreundlich und umweltgerecht ertüchtigt werden." Konsens bestand, dass die B303 zwischen Schirnding und der A93 bzw. bis Marktredwitz-West zweibahnig ausgebaut werden soll.)
Diese am 19.05.2010 in Bayreuth vorgestellte Machbarkeitsstudie und die ergänzende Verkehrsuntersuchung zeigte auf, dass bei allen Ausbauvarianten der Raumwiderstand hoch ist (= mit tiefen Eingriffen in Natur und Umwelt verbunden). Zudem werden für den Bau von 37 bzw. 47 Kilometern Straße rund 300 Millionen bis hin zu 1,1 Milliarden Euro veranschlagt. (Für die nur knapp 2 km lange zweite Fahrbahn der Ortsumgehung Schirnding wurden bereits rund 13 Millionen Euro veranschlagt).
Und die Verkehrsprognose erscheint überzogen: Im Jahr 2009 wurden rund 5000 Fahrzeuge gezählt, wie errechnen sich da plausibel 15000 - 19000 Fahrzeuge für das Jahr 2025? (Behalten wir im Hinterkopf den simplen Fakt: Die bestehende B303 ist bereits für 20000 Fahrzeuge ausgelegt und muß demzufolge wegen prognostizierten 19000 Fahrzeugen gar nicht ausgebaut werden.)
Diese am 19.05.2010 in Bayreuth vorgestellte Machbarkeitsstudie und die ergänzende Verkehrsuntersuchung nahm Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger sofort zum Anlass, umgehend eine Pressemitteilung herauszugeben, welche am 21.05.2010 in der Frankenpost unter der Überschrift "Ernstberger will schnellen Ausbau" veröffentlicht wurde.
http://www.frankenpost.de/regional/oberfranken/laenderspiegel/art2388,1261231
"Der von der Regierung von Oberfranken und dem Staatlichen Bauamt vorgelegte Planungsstand zur B 303 macht deutlich, dass der vierspurige Ausbau zwischen Marktredwitz/West und Schirnding zügig kommen muss", schreibt sie in einer Pressemitteilung. Dieses Vorhaben sei vordringlich und dürfe nicht verzögert werden. Die Planungen dafür müssten schnellstmöglich vorangetrieben und die für den Bau notwendigen Finanzmittel durch Bundesregierung und Bundestag zur Verfügung gestellt werden."
(Jener vierspurige Ausbau mit RQ 28 wäre breiter als die A93, und somit alles andere als moderat und schonend - und das ganze für ein Verkehrsaufkommen von knapp 5000 Kfz, laut der offiziellen Planung DTV 2025 maximal 12400 Kfz - wiederholen wir den simplen Fakt, den wir im Hinterkopf haben: Die bestehende B303 ist bereits für 20000 Fahrzeuge ausgelegt und muß demzufolge wegen den für dieses Teilstück prognostizierten maximal 12400 Fahrzeugen erst recht nicht ausgebaut werden.)
Kerstin Popp hat Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger am 21.05.2010 auf diese Pressemitteilung hin angeschrieben. Erneut im Juli 2010, denn "auf mein Schreiben vom 21.05.2010 zum Thema Ausbau B303 habe ich noch keine Antwort erhalten. Dabei ist das Thema mehr als ernst. Vor knapp zwei Jahren haben Sie uns schwarz auf weiß versprochen „Ich trete für einen moderaten und schonenden Ausbau der bestehenden B303 ein.“ Und am 21.05.2010 fordern Sie in einer Presseerklärung einen schnellen vierspurigen Ausbau zwischen Marktredwitz / West und der Landesgrenze. Ein Ausbau mit RQ 28 ist nicht moderat und schonend, die Straße wäre breiter als die A93. (...)
Frau Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger reagiert auf keinen einzigen Brief, auf keine einzige email von Kerstin Popp. Die sich deswegen auch von Bundestagsabgeordneten Anette Kramme am 17.03.2011 komisch anreden lassen muß: "Sehr geehrte Frau Popp, ich danke Ihnen für Ihre E-Mail. Selbstverständlich nehme ich Ihre Bedenken und Ihre Kritik ernst. Richtige Ansprechpartnerin für Sie wäre allerdings Ihre Wahlkreisabgeordnete Frau Ernstberger."
Antwort von Kerstin Popp am 17.03.2011 an Frau Bundestagsabgeordnete Anette Kramme:
"vielen Dank für Ihre Antwort! Ja, Frau Ernstberger ist so gesehen meine unmittelbare Ansprechpartnerin, ich kontaktiere sie auch unverdrossen, aber leider antwortet sie mir weder auf Briefe noch auf emails. Das Thema B303 ist aber sehr wichtig. Nicht nur für unsere Region, sondern bayern- bzw. sogar bundesweit, so dass ich ohnehin auch andere Abgeordnete kontaktieren muß. Zumal ein Bundesverkehrswegeplan meines Wissens nach von allen Abgeordneten beschlossen wird? Das Problem ist, dass weder der gegenwärtige (ca. 5000 Kfz), noch der laut aktueller offizieller Prognose zu erwartende Verkehr (maximal 12400 Kfz), diesen - wie Sie sagen - vor langer Zeit und unter ganz anderen Voraussetzungen angedachten vierspurigen Ausbau der B303 zwischen der Grenze und der A93 rechtfertigt.
Die Experten des Straßenbauamts Bayreuth haben dies erkannt und forderten Anfang 2010, den Ausbau auf drei Spuren zu reduzieren. Einige wenige Politiker ignorieren aber aus welchem Grund auch immer diese Expertenmeinung, erklären die Experten gar als "überfordert". Aber auch die Straßenbauexperten in Tschechien sehen einen weiteren Ausbau der Straße zwischen Eger und der Grenze als unnötig an. (...)"
Undsoweiterundsofort
Eine Reaktion von Bundestagsabgeordneter Petra Ernstberger erfolgte erst Ende Mai 2011, nachdem Kerstin Popp persönlich einen Brief im Marktredwitzer Büro vorbeigebracht hatte.
Bundestagsabgeordnete Petra Ernstberger bedankt sich für Kerstin Popps Schreiben vom 16.Mai 2011, in welchem Kerstin Popp nochmals ihre Argumente bezüglich des Ausbaus der B303 darlegt.
"Ich weiß um Ihr großes persönliches Engagement in dieser Sache. Dennoch muß ich Ihnen mitteilen, dass sich meine Position zum Ausbau der B303 nicht geändert hat. Ich bin davon überzeugt, dass der vierspurige Ausbau zwischen Schirnding und Markttredwitz/West nötig ist und - wie im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans festgelegt - zügig realisiert werden muß."
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Frau Bundestagsabgeordneter Petra Ernstbergers Position zum Ausbau der B303.
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Scrollen wir an dieser Stelle hoch und lesen zum Vergleich noch einmal, was ihre Position knapp zwei Jahre vorher war. Lesen wir das, wofür sie knapp zwei Jahre vorher stand und wofür sie eintrat und plädierte und was sie den Wählern versprochen hat - "Ich trete für einen moderaten und schonenden Ausbau der bestehenden B303 ein." -"Zukunft gestalten ohne Fichtelgebirgsautobahn".