Am 17.12.2018 reiste der Rechnungsprüfungsausschuß zu einem Ortstermin nach Schirnding, um sich dort selbst ein Bild von den Verhältnissen zu machen.
Das ist einerseits verständlich: Wenn der Ausbau gestoppt wird, wird von diversen Seiten Kritik erfolgen. Dieser kann der Rechnungsprüfungsausschuß dann entspannt entgegentreten indem er sagt, ihm war die Sache so ernst dass er sich die Zeit nahm und keine Kosten und Mühe scheute, um sich vor Ort selbst ein Bild zu machen.
Andererseits sind die Zahlen und Fakten ausreichend, eine Entscheidung treffen zu können, ohne dass zahlreiche hochrangige Politiker extra nach Schirnding fahren müssen.
Das Bundesverkehrsministerium hat am 25.07.2018 eine neue Nutzen-Kosten-Rechnung vorgelegt, erstellt von einem Aachener Ingenieurbüro im Auftrag des Ministeriums. Das neue NKV fällt deutlich niedriger als das bisherige und beläuft sich nun auf nur mehr 1,08. An sich ist ein derart niedriges NKV faktisch das Aus; der wirtschaftliche Nutzen liegt nur marginal über dem eingesetzten Kapital.
Zudem ist die jetzige Straße für 20.000 Kfz ausgelegt. Laut aktuellsten Zahlen gem. BAYSIS fahren bei Schirnding derzeit knapp über 6000 Kfz/24h. Eine Prognose für das Jahr 2030 erwartet rund 7.000 Fahrzeuge.
Dennoch wollte der Ausschuß weder im September, noch dann Ende November eine Entscheidung fällen, ein Ortstermin wurde anberaumt.
Laut einem Artikel der Frankenpost vom 12.11.2018 hält der Bundesrechnungshof unverändert an seiner Forderung nach einer Einstellung des Projekts fest: Das ohnehin schon niedrige NKV fällt nach der neuen Rechnung nun noch niedriger aus, zudem bemängelt der Bundesrechnungshof, dass vom Ministerium nicht berücksichtigt wurde, dass die Baukosten für den zweiten Abschnitt steigen könnten - für den ersten Abschnitt stiegen sie von 11 auf 15 Millionen. Eine Kostensteigerung für den zweiten Abschnitt ist zwangsläufig. Eine analoge oder gar höhere Steigerung für Abschnitt zwei würde allerdings das NKV auf unter 1 drücken, die Kosten wären somit höher als der Nutzen.
Ein genauerer Blick auf das neue NKV und die in die Berechnung eingeflossenen Parameter empfiehlt sich aber auch so...
Zurück zu dem Ortstermin in Schirnding am 17.12.2018.
Zu diesem nicht-öffentlichen Termin waren die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses eingeladen, sowie Vertreter des Bundesrechnungshofs, des Bundesverkehrsministeriums und des Staatlichen Bauamtes Bayreuth.
Der Ortstermin fand allerdings nicht an der Baustelle statt, sondern an der Landesgrenze im Gebäude der früheren Polizeistation.
Ebenso sonderbar ist, dass sich auch ungeladene Personen zu den geladenen Teilnehmern gesellen durften. Und dass offensichtlich sogar angehört wurde, was die ungebetenen Gäste sagen wollten.
Bei diesem nicht-öffenlichen Ortstermin am Montag, 17.12.2018, waren außer den geladenen Teilnehmern bzw. den von ihnen geschickten Stellvertretern die den Ausbau befürwortenden Bürgermeister von Schirnding und Hohenberg anwesend, sowie Mitglieder der den Ausbau fordernden Initiative IZF, und Angehörige der tschechischen Straßenbaubehörde.
Nicht anwesend war die Presse, nicht anwesend waren Gegner des Ausbaus.
Die Frage steht im Raum:
Wie haben die ungeladenen Gäste von dem Termin erfahren? Wer hat sie informiert?
Und:
Warum durften sie bei dem nicht-öffentlichen Termin dann überhaupt teilnehmen?
Beziehungweise, wenn man sie schon beiwohnen ließ, warum dann nicht nur höflicherweise als interessierte Zuhörer, warum ließ man sie offensichtlich ihre Argumente pro Ausbau vortragen?
Und was die Angehörige der tschechischen Straßenbaubehörde angeht:
Selbst wenn Tschechien nun von seiner bisherigen Nicht-Ausbau-Strategie abweichen wollen sollte (die Kerstin Popp schriftlich vorliegt) und nun tatsächlich Millionen Euro Steuergelder für den nicht erforderlichen vierspurigen Ausbau einer bereits heute schon überdimensionierten zweispurigen Straße verschwenden wollen sollte, warum sollten wir auf deutscher Seite etwas analog Unsinniges tun?
Der Flexibilität einiger bei diesem also nicht mehr nicht-öffentlichen Termin Anwesender und der lokalen Presse ist es geschuldet, dass es im Anschluss kurzfristig zu einem Pressegespräch kommen und die Frankenpost am 17.12.2018 online und am 18.12.2018 in der Druckausgabea berichten konnte unter der Überschrift "Schirnding: B-303-Baustelle unter der Lupe". Der Standpunkt des Prüfungsausschusses sei klar, der Nutzen rechtfertigte die hohen Kosten nicht, was sich auch bei dem Ortstermin bestätigt habe, 'da von einem hohen Verkehrsfluss keine Rede sein könne.'
Netter Gedanke an dieser Stelle
Ein extra aus Berlin nach Schirnding angereister MdB fragt, ob hier irgendwo ein Feiertag ist, weil auf der B303 so wenig Verkehr unterwegs ist - ein anderer sagt ihm nein das ist hier immer so -
und Politiker aus unserer Region betonen nach wie vor unverdrossen die mangelnde Leistungsfähigheit der Straße -
als kämen sie nicht mal rund 40 Kilometer weiter bis nach Hof, beispielsweise, wo auf der B15 zwischen Rehau und Hof deutlich mehr Verkehr unterwegs ist als auf der B303, ohne dass ein Ausbau auch nur in Erwägung gezogen wird. Im Gegenteil, Forderungen nach einem Ausbau werden von der Straßenbaubehörde abgelehnt mit dem Hinweis darauf dass die Leistungsfähigkeit der Straße absolut ausreichend ist.
Der Nordbayerische Kurier berichtet am 21.12.2018 unter der Überschrift "Ein Affront" Ungebetene Gäste beim Bundestag an der B 303"
Und kommentiert
"Schmierentheater an der B 303"
'Das Tauziehen um die teure und sinnlose Verbreiterung der B 303 bei Schirnding hat schon lange Züge einer Posse. Aber es geht immer noch besser. Der alte Bundesverkehrsminister bringt das Projekt, das jahrelang in der Schublade verstaubte, noch schnell auf den Weg, bevor es für immer beerdigt werden muss – ein Projekt das sein Nachfolger Scheuer einst als unnötig bewertet hat. (...)'
Ja.
Andreas Scheuer hat während seiner Zeit als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Kerstin Popp zweimal ausdrücklich schriftlich bestätigt, dass der weitere Ausbau der Ortsumgehung Schirnding unnötig ist.
Aber seit dem 06.03.2018 ignoriert er 4 direkte emails von ihr und zwei nachweislich weitergeleitete. Wird er auch die vom 23.12.2018 ignorieren?
Man wird sehen.