"An einem Strang mit den Wunsiedlern" lautet die Überschrift eines am 24.04.2015 online und am 25.04.2015 in der Druckausgabe erschienenen Frankenpostartikels über die Jahreshauptversammlung der BI Gefrees.
http://www.frankenpost.de/lokal/muenchberg/mhtz/An-einem-Strang-mit-den-Wunsiedlern;art2441,4040175
Und die Überschrift ist gut gewählt, denn die BI Gefrees sagt der Bürgerinitiative im Landkreis Wunsiedel ihre Unterstützung zu. Sie warnt die Gegner der Fichtelgebirgsautobahn davor, sich auseinanderdividieren lassen.
Auseinanderdividieren. Die Maxime "divide et impera" wurde bereits im römischen Reich mit Erfolg praktiziert und funktioniert heute nach wie vor ausgezeichnet. Die Vermutung, dass die Politik sie beim Thema Ausbau der B303 probiert, drängt sich auf.
Denn sowohl SPD als auch CSU argumentieren in den beiden Landkreisen Bayreuth und Wunsiedel unterschiedlich.
Wie es dazu in dem Artikel heißt:
"So habe sich Landtagsabgeordnete Inge Aures im Kreis Bayreuth ganz anders geäußert als im Landkreis Wunsiedel. Er, Bochinger, habe deshalb die Politikerin angeschrieben, um zu erfahren, welche Meinung sie denn nun vertrete. 'Ich habe aber nie mehr etwas von ihr gehört.'"
Denken wir.
Zwischen dem Grenzübergang Schirnding und der A9 ist die B303 für 20000 Fahrzeuge gebaut. Nirgends fahren auch nur annähernd so viele. Die offiziellen Verkehrszahlen am östlichen Ende im Landkreis Wunsiedel (aktuell 5.389 Fahrzeuge, davon 932 Lkw) sind ebenso gering wie die am westlichen im Landkreis Bayreuth (5.500 Fahrzeuge, davon 1033 Lkw). Den Ausbaugegnern im Landkreis Bayreuth teilt man nun freundlich mit, man stimme mit ihnen überein und sehe alles genau wie sie, man wolle auf keinen Fall einen Ausbau und werde nur Maßnahmen zum Schutz der Anwohner fordern. Welch gute Nachricht! Die Ausbaugegner sind glücklich und zufrieden und tun nichts mehr weil sie sich drauf verlassen, dass sie aus dem Schneider sind--
Den Ausbaugegnern im Landkreis Wunsiedel hingegen sagt man kurz und bündig, man stehe als zuständige Abgeordnete des Bayerischen Landtags in Kontakt mit den örtlichen Kommunalpolitikern und werde die entsprechenden Forderungen der Politiker vor Ort unterstützen... und was die Kommunalpolitiker im Landkreis Wunsiedel fordern, ist bekannt - sie fordern den Ausbau der B303.
Eine CSU-Landtagsabgeordnete teilte Kerstin Popp ähnliches mit. Man verlasse sich "auf die Einschätzung der Kommunalpolitik, des Landrats und des Landtagskollegen." Auf gut Deutsch: Wenn die sagen dass der Ausbau erforderlich ist, wird ers schon sein, also unterstützt man sie halt gutgläubig mit ihrer Forderung--
Sie sagte aber auch, wenn es stimmt, dass die Verkehrszahlen im Landkreis Wunsiedel so deutlich zurückgehen, Zitat "muss man schon die Sinnfrage stellen!", und dass sie darüber mit dem Landtagskollegen (Martin Schõffel) und dem Landrat (Dr. Döhler) sprechen wird.
Das war Anfang Oktober 2012
Natürlich stimmt das mit den Verkehrszahlen im Landkreis Wunsiedel. Aber über das Gespräch der drei CSU-Politiker hat Kerstin Popp nie mehr etwas gehört.
Ein Gedankenspiel.
Abgeordnete aus Bayreuth erachten den Ausbau der B303 im Landkreis Bayreuth wegen der geringen Verkehrszahlen als nicht erforderlich. Eine Bundestagsabgeordnete ist ganz deutlich. Zitat:
"Für den Unterbezirk Bayreuth ist der Abschnitt von der A 93 bis zur A 9 von Relevanz. Wir fordern, dass ein Neu- bzw. Ausbau dieses Abschnitts aus dem Bundesverkehrswegeplan genommen wird. Sicherlich begründen wir dies auch mit dem klar zurückgegangenen Verkehrsaufkommen zwischen der A 93 und der deutsch-tschechischen Grenze, treffen aber zu diesem Abschnitt definitiv keine Aussage."
Sind Vernunft und Logik nur auf den "eigenen" Bezirk beschränkt und enden an dessen Grenzen?
Und was ist damit: Jemand erkennt anhand der Fakten, dass ein Ausbau der B303 nicht notwendig ist und fordert deshalb, dass nicht ausgebaut wird. Er benutzt die Situation im anderen Bezirk (die geringen Verkehrszahlen) sogar dazu, das eigene Ziel (kein Ausbau im eigenen Bezirk) zu erreichen - aber er sagt kein Wort, wenn Politikerkollegen besagten Nachbarbezirks dort den unnötigen Ausbau partout durchdrücken wollen? Millionen Euro Steuergelder sollen für einen weder erforderlichen, noch zu rechtfertigenden Straßenbau verschwendet werden, aber man sagt nichts, weil diese Straße ein paar Kilometer außerhalb des "eigenen" Bezirkes liegt?
Und das passiert nicht nur auf Bundestags-, sondern auch auf Landtagsebene.
Zitat:
"Normalerweise mischen wir Bayreuther uns nicht in Angelegenheiten der Nachbarn im Kreis WUN ein."
Genug mit Gedankenspielen, zurück zum Artikel, dessen Überschrift so treffend "An einem Strang mit den Wunsiedlern" lautet!
Denn beim Thema Ausbau B303 ziehen beide Bürgerinitiativen, Ost wie West, gemeinsam an einem Strang und werden sich nicht auseinanderdividieren lassen, auch oder gerade nicht von der Politik. Konsenz besteht, dass das ganze Projekt von der A 9 bis zur tschechischen Grenze aus dem Bundesverkehrswegeplan herausgenommen werden muß. Und auch bezüglich der Notwendigkeit einer Heraunahme des überregionalen Schwerlastverkehrs aus dem Fichtelgebirges besteht Einigkeit. (Überregionaler Schwerlastverkehr. Quell- und Zielverkehr ist nicht betroffen!)
Wie es im Artikel heißt, war Hauptpunkt während der Jahresversammlung der BiG ein Gespräch mit Heinrich Henniger, dem Hauptvorsitzenden des Fichtelgebirgsvereins, sowie dem Natur- und Umweltschutzreferenten, Jörg Hacker.
Der für das ganze Fichtelgebirge zuständige FGV ist gegen einen Ausbau der B303 - höchst irritierend liest sich dann:
"Hacker sagte, notwendig sei das Anschlussstück von Marktredwitz West zur A 93. Gegen einen weiteren Ausbau der B 303 sprächen die aktuellen Zahlen."
Kerstin Popp fragt bei ihm nach. Nicht nur aufgrund persönlicher Erfahrungen verlässt sie sich nicht auf das, was in der Zeitung steht, sondern rückversichert sich.
Hat der FGV seine Meinung geändert?
Im November 2012 fand ein großes Pressegespräch statt, bei dem alle Gegner des Ausbaus der B303 gemeinsam aufgetreten sind, als eindrucksvolle "breite Allianz". Die beiden Bürgerinitiativen, der FGV, der Landesbund für Vogelschutz, und der Bund Naturschutz, und zwar der komplette, also Kreisgruppe WUN und Bayreuth. Alle haben damals klargemacht, dass sie gegen Aus- und Neubau in Ost wie West sind, weil dieser schlicht und einfach nicht erforderlich ist.
Der Bund Naturschutz hat nun offensichtlich seine Meinung geändert, laut einem Frankenpostartikel spricht sich die Kreisgruppe Wunsiedel im April 2015 wieder für einen Ausbau der B303 aus. Und zwar wechselseitig dreispurig zwischen der A93 und Schirnding, und er würde auch gegen einen vierpurigen Ausbau zwischen A93 und Mak-West nichts einwenden.
Kerstin Popp erhält Antwort von Herrn Hacker.
In diesem Artikel wird er falsch zitiert. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass es auch innerhalb des Fichtelgebirgsvereins vereinzelt Stimmen gibt, die einen Ausbau des Teilstücks zwischen Marktredwitz West und der A93 für notwendig halten, und dass man diese Stimmen ernst nehmen muß - auch wenn man selbst die Notwendigkeit nicht sieht -
dass es im FGV Leute gibt, die einen vierspurigen Ausbau der B303 im Landkreis Wunsiedel (nicht nur bei MAK) für notwendig erachten, ist bekannt. Man hört die Forderung nicht nur von der IHK, oder den CSUkreisverbänden Wunsiedel und Tirschenreuth, der Hochfränkischen Wirtschaft und dem Regionale Planungsverband Oberfranken Ost, man hört sie von diversen Politikern aus Reihen der SPD und CSU, man hört sie von Leuten wie Herrn Luisenburg-Intendant Lerchenberg ("Die Fichtelgebirgsautobahn ist notwendig. Eine Maßnahme, die gemacht werden muß"), oder Herrn Hart vom Ziegelwerk Hart ("Der Ausbau der Ost-West-Verbindung ist eine zentrale Forderung des Firmen-Chefs"), Frau Dr. Seelbinder sagte sogar einmal während eines offiziellen Pressegesprächs, sie hätte konkrete Hinweise, dass das Edeka-Auslieferungslager gefährdet sei, wenn nichts geschehe = die B303 ausgebaut werde - aber die Edeka war höchst erstaunt über Kerstin Popps Nachfrage.
"Mit uns gab es hierzu keine Gespräche, ebenso wenig machen wir den Bestand des Zentrallagers Marktredwitz von dem Bau dieser Autobahn abhänging. (...) Wir bitten alle Beteiligten darum, solchen Gerüchten keinen Glauben zu schenken."
Von Herrn Hart und Herrn Lerchenberg erhielt Kerstin Popp zwar Eingangsbestätigungen ihrer emails, aber nie eine Antwort - vielleicht, weil es einfach keine Antwort gibt auf die simple Frage, warum eine für 20000 Fahrzeuge gebaute Straße, auf der nicht mal die Hälfte unterwegs ist, nicht bereits leistungsfähig genug sein sollte und noch weiter ausgebaut werden müßte.
Ein Einschub an dieser Stelle:
Herr Hacker stellte auf der Internetseite des FGV und auch als Kommentar beim online veröffentlichten Artikel umgehend richtig, dass er falsch zitiert wurde. Im Münchberger Teil der Druckausgabe erschien am 29.04.2015 eine Richtigstellung unter dem Titel Naturschutzwart falsch zitiert; nebst einem zusätzlichen letzten Satz, dass sich die Redaktion für den Fehler entschuldigt. Im Selber Tagblatt / Schönwalder Anzeiger, wo die Frankenpost den Artikel am 25.04.2015 in der Druckausgabe im Teil Fichtelgebirge veröffentlichte, erschienen Richtigstellung und Entschuldigung nicht. Kerstin Popp fragte am 02.05.2015 bei der Frankenpost nach. Wenn die Frankenpost Herrn Hacker falsch zitiert hat, informiert sie darüber nur die Leser des Münchberger Teils? Oder überall da, wo sie den Artikel mit dem falschen Zitat veröffentlicht hat? Die Antwort der Frankenpost erfolgte bis heute nicht. Aber immerhin die Richtigstellung, am 06.05.2015.
Zurück zum Artikel.
"Für den Gefreeser Bürgermeister Harald Schlegel ist es wichtig, die Politiker 'mitzunehmen und sie mit Fakten zu überzeugen, dann fehlt ihnen die Argumentation für einen Ausbau'."
Das ist der springenden Punkt. Die Politiker mit Fakten überzeugen.
Aber: Die Fakten sind bekannt. Und viele Politiker sind davon bereits überzeugt. Trotzdem unterstützen die, die überzeugt sind, die Ausbaugegner nicht, sobald es um Ausbaupläne außerhalb "ihres Bezirks" geht. Und die Wunsiedler Kommunalpolitiker fordern, jegliche Fakten ignorierend, penetrant den Ausbau der B303 - zumindest dort, wo sie nicht unmittelbar selbst betroffen sind - Stichwort Umgehungsstraße über Golfplatz....
Dass eine für 20.000 Fahrzeuge gebaute Straße, die von ihrer Kapazität her nur zu rund einem Viertel, an einer Stelle knapp über die Hälfte ausgelastet ist, eine extrem leistungsfähige Ost-West-Verbindung ist und keinesfalls weiter ausgebaut werden muß, ist beispielsweise ein ganz simpler Fakt.
Wie aber jemanden davon überzeugen; wie aber jemanden von einem Fakt überzeugen, der diesen Fakt partout nicht sehen will??
Wo vielmehr sind die Fakten, mit denen die Ausbaubefürworter begründen, dass eine für 20.000 Fahrzeuge gebaute Straße, die von ihrer Kapazität her nur zu rund einem Viertel, und an einer einzigen Stelle knapp über die Hälfte ausgelastet ist, KEINE extrem leistungsfähige Ost-West-Verbindung ist und somit ausgebaut werden muß?
Fehlen den Politikern diese Fakten nicht bereits heute schon?
Die Verkehrszahlen sind niedrig, die Nichtbau-Pläne in Tschechien bekannt.
Es besteht schlicht und einfach kein Bedarf für einen weiteren Ausbau der B303.
Und das Bundesverkehrsministerium betont, dass Aus- und Neubau künftig streng am Bedarf orientiert sein müssen.