Der Kreistag sollte im Juli 2015 über eine Resolution abstimmen.
Im Namen der Mitglieder der Fraktionen der CSU, der Freien Wähler und der SPD im Kreistag - nicht im Namen der Grünen - wurde der Antrag gestellt, dass der Kreistag beschließen möge dass er sich für eine Verbesserung der Verkehrsanbindung des Landkreises Wunsiedel an die A9/A70 und die tschechische Schnellstraße R6 einsetzt und daher die vom Freistaat Bayern zum neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldeten Projekte im Landkreis Wunsiedel begrüßt, wobei er aber die geplante Südumfahrung von Tröstau ablehnt.
Das Ergebnis: 43 Ja-Stimmen und 7 Nein-Stimmen.
Nicht nur die Kreisräte der Grünen haben gegen diese Resolution gestimmt.
Denn warum zustimmen?
Die Verkehrszahlen sind niedrig.
Die B303 ist für 20000 Kfz gebaut, nirgends fahren auch nur annähernd so viele.
Es gibt keine Gefahrenstelle auf der B303, die entschärft werden müßte.
Warum also die Straße ausbauen, Umgehungen, Überholspuren schaffen?
Für Pkw-Fahrer könnte sich durch zusätzliche drei- oder vierspurige Abschnitte die Fahrzeit wohl tatsächlich um einige wenige Minuten (!) verkürzen.
Für den LKW-Verkehr würde es keine kürzere Fahrzeit bedeuten.
Dem gegenüber stünden
- zahlreiche Verkehrsteilnehmer, die eine vierspurige Straße nicht mehr benutzen dürfen und große Umwege in Kauf nehmen müßten
- Straßenbaukosten in mehrstelliger Millionenhöhe
- immense Eingriffe in Natur und Umwelt im Naturpark Fichtelgebirge
- und eine verschlechterte Verkehrssicherheit bedingt dadurch dass PKW-Fahrer eine höhere Geschwindigkeit in die anschließenden Kurven mitnehmen würden
Mit einem sachlichen Blick auf die Fakten kann die logische Konsequenz nur lauten:
Nicht nur die geplante Südumfahrung Tröstaus ist unnötig und abzulehnen, sondern ALLE geplanten Projekte für einen weiteren Ausbau der B303. Und somit die Zustimmung zur eingebrachten Resolution.
Auf Facebook findet Kerstin Popp einen Eintrag von Kreisrat Jörg Nürnberger. Sie schreibt ihm am 06.07.2015:
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"(...) mit Interesse habe ich Ihren Facebookeintrag vom 05.07.2015 gelesen.
Wenn ich es richtig verstehe, haben Sie eine Resolution verfasst, in der Sie einen vierspurigen Ausbau der B303 zwischen der Grenze und Marktredwitz befürworten.
Mir haben Sie vor einiger Zeit mitgeteilt, dass Sie es für unsinnig halten, die B303 zwischen Marktredwitz und der Grenze auszubauen.
Sie schreiben in Ihrem Facebookeintrag, dass die gesamte Resolution zur Verbesserung der B303 mit großer Mehrheit angenommen wurde. Nur die Grünen hätten geschlossen dagegen gestimmt.
"Endlich besteht Einigkeit im Gebirg."
Einigkeit im Kreistag zumindest besteht nicht, wenn einige Kreisräte gegen die Resolution gestimmt haben. Und da 7 Kreisräte gegen die Resolution gestimmt haben, sind auch Kreisräte anderer Parteien gegen den Ausbau der B303.
Selbstverständlich herrscht vollstes Verständnis für die Tröstauerinnen und Tröstauer und ihren Wunsch, ihren Ort vom Schwerlastverkehr zu entlasten. Aber auch andere Ortschaften entlang der B303 leiden unter dem Schwerlast-Transitverkehr. Ein Tunnel oder eine Einhausung würde nur einer Stadt eine Erleichterung bringen. Die einzig vernünftige Lösung, von der alle profitieren, ist die Sperrung der B303 für den überregionalen Schwerlastverkehr.
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Jörg Nürnberger antwortet ebenso prompt wie freundlich, auch sein Wunsch ist es, den internationalen Schwerverkehr am Fichtelgebirge vorbeizuführen, aber solange die B303 Europastrasse ist, hält er die Umsetzumg für gering.
Eine Europastraße ist eine für den internationalen Fernverkehr innerhalb Europas besonders gekennzeichnete und nummerierte Fernstraße, aber es existieren im Vergleich zu einer Bundesstraße keine rechtlichen Besonderheiten.
Eine Straße wie die B303, auf der das Verkehrsaufkommen einer durchschnittlichen Kreisstraße herrscht - auf der tschechischen Seite der Grenze sieht es analog aus - hat keine transeuropäische Funktion.
Wie sagte einmal ein Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Deutschen Bundestag und somit jemand der sich auskennt: Die Sperrung von Straßen für Transit-Lkws ist eine Frage des politischen Willens. Dass dem so ist, zeigt die Praxis, denn es gibt Beispiele für Bundesstraßen, die für überregionalen Schwerlastverkehr gesperrt wurden.
Voraussetzung ist allerdings, dass es eine Alternativroute gibt. Das ist bei der B303 der Fall, hier gibt es sogar zwei.
Was die Forderung nach einem vierspurigen Ausbau zwischen der Grenze und Marktredwitz angeht - die Befürworter argumentieren offenbar mit dem "Lückenschluss zwischen vierspuriger R6 (wo auf tschechischer Seite noch ca. 10 km bis zur Egerbrücke bei Pomezí fehlen) und der A93, um dann den Schwerverkehr von der vierstreifigen B 303 auf die A93 leiten zu können." Und auch die tschechischen Lokalpolitiker können sich offenbar mit dieser Lösung anfreunden.
Die tschechischen Lokalpolitiker könnten sich mit einem vierspurigen Ausbau der B303 zwischen Marktredwitz und der Grenze anfreunden?
Die A6 nimmt der B303/R6 einiges an Verkehr ab. Und Fahrzeuge aus nordöstlicher Richtung nutzen den Grenzübergang bei Selb und die A93, um in nordwestliche Richtung weiter zu gelangen.
Denn: Der Verkehr zwischen Tschechien und Bayern verteilt sich heute viel geschmeidiger auf rund 15 Straßengrenzübergänge.
Vor dem Beitritt Tschechiens zum Schengenraum war die Zollabfertigung für Lkw auf drei(!) Grenzübergänge beschränkt. Einer davon war Schirnding. Prompt gingen nach dem Beitritt Tschechiens zum Schengenraum die Lkw-Zahlen in Schirnding zurück und pendeln sich seitdem auf der gesamten B303 auf sehr niedrigem Niveau ein. Wie auch auf der anderen Seite der Grenze auf der R6.
Und was den Ausbau der R6 bei Karlsbad angeht, so erfolgte er wohl deswegen, weil dort Ziel- und Quellverkehr vergleichsweise hoch sind.
VERGLEICHSWEISE hoch - jedermann kann sich dank der dort befindlichen quasi Echtzeitkameras jederzeit selbst davon überzeugen, wie wenig Verkehr dort unterwegs ist.
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Für alle, die diese Möglichkeit noch nicht kennen:
Man gehe auf http://mapa.dopravniinfo.cz/
Dort findet sich rechts eine Legende mit diversen Symbolen.
Man klicke das Kamerasymbol (Kamery) an.
Man klicke dann auf eines der bunten blütenartigen Symbole, beispielsweise bei Karlovy Vary. Der Bereich wird vergrößert.
Man klicke auf ein weiteres dieser Symbole, diverse Kamaras werden sichtbar.
Man stelle nun den Mauszeiger auf ein Kamerasymbol.
Man erhält ein ca. alle 5 Minuten aktualisiertes Foto der derzeitigen Verkehrssituation.
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Auch auf deutscher Seite ist die B303 bereits dort vierspurig, wo die Verkehrszahlen aufgrund des Ziel- und Quellverkehrs höher sind als auf der restlichen B303, nämlich wischen Wunsiedel und Makrtredwitz.
Die Idee, jedes derartige vierspurige Stückchen Straße auch über die dazwischenliegenden Abschnitte fortzuführen, auf denen so ein Ausbau aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens völlig unsinnig wäre, nur um es an die nächste vierspurige Autobahn anzuschließen, ist abstrus.
"Man möchte auf tschechischer Seite wenigstens die Anbindung an die A 93."
Wer ist "man"?
Wem in Tschechien genügt unsere B303 als Zubringer zur A93 nicht? Wer in Tschechien möchte, dass wir Deutsche 70 Millionen Euro oder mehr unserer Steuergelder für einen nicht erforderlichen Straßenbau ausgeben? Wer möchte, dass wir eine für 20000 Kfz ausgelegte Straße, auf der nicht einmal halb so viele Fahrzeuge unterwegs sind, weiter ausbauen, gar vierspurig ausbauen?
"Die Bürgermeister entlang der R6 im Bezirk Karlsbad, der frühere Hauptmann des Karlsbader Kreises, der Premier"
- natürlich.
Das ist dieselbe Konstellation wie bei uns auf der anderen Seite der Grenze die B303 entlang.
Zumindest bis Tröstau, wo es glücklicherweise das Golfhotel gibt--
Nun, auch wenn einige unserer tschechischen Nachbarn ab der Grenze eine vierspurige Straße / Autobahn zur A93 wünschen, ist das kein Grund für uns, diesen keinesfalls erforderlichen Ausbau selbst zu erwägen, geschweige denn uns ihrer Forderung anzuschließen.
Denn die simplen Fakten sind unbestritten:
Die B303 ist für 20.000 Fahrzeuge gebaut, und nirgends sind auch nur annähernd so viele unterwegs.
Tschechien selbst macht vernünftigerweise seinen Straßenausbau von den Verkehrszahlen abhängig, Kerstin Popp liegt ein diesbezügliches Schreiben vom Ministerstvo dopravy vor.
Wenn nun einige Tschechen, gerade im Karlsbader Kreis, von uns Deutschen etwas anderes wollen, wirkt dies anmaßend und den gutnachbarschaftlichen Beziehungen nicht gerade dienlich. Gerade Leute mit sudetendeutschen Wurzeln dürften wenig erfreut sein, so etwas zu hören.
Wir haben schließlich nicht einmal genug Geld für die dringend erforderlichen Maßnahmen zum Erhalt der bestehenden Straßen. Laut Experten werden für den Erhalt der vorhandenen Infrastrukur jährlich rund 7 Milliarden Euro zusätzlich benötigt. Dem trägt das BMVI Rechnung mit seinem Vorhaben: Wir dürfen unsere Infrastruktur nicht auf Verschleiß fahren; der Bedarf für Erhaltungsinvestitionen wird im BVWP 2015 fachlich ermittelt und hat Vorrang vor Aus- und Neubauvorhaben; Aus- und Neubau müssen streng am Bedarf orientiert sein.
Es gibt eine selbsterklärende Grafik zu dem nicht existenten Ausbaubedarf der B303, basierend auf den offiziellen Zahlen der Bayerischen Straßenbauverwaltung, mit dem Titel 'Kapazität B303 alt Bestand 2-spurig im Vergleich zum Ist-Verkehr'.
Geschätzte Ausbaubefürworter, warum könnt ihr euch nicht Vernunft und Logik und den simplen Fakten beugen?
Erst wenn sich die Ist-Verkehr-Kurve mehrjährig über der 20.000er-Kapazitäts-Linie bewegt, macht es Sinn, über einen weiteren Ausbau der B303 nachzudenken.